Medizinisch-Psychologische-Untersuchung (MPU)

Der sog. Idiotentest MPU ist kein Intelligenztest, sondern dient der Prognose des Verhaltens im Straßenverkehr auf der Grundlage verkehrspsychologischen und verkehrsmedizinischen Fachwissens. Bei der Beurteilung der Fahreignung stehen Fragen der Verhaltens- und Einstellungsänderung im Vordergrund, nicht intellektuelle Fähigkeiten.

Aufgabenstellung der MPU

Eine MPU wird nur nach schwerwiegenden Auffälligkeiten und/oder Regelverstößen im Straßenverkehr von der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde angeordnet. Sie betrifft etwa 0,2 % aller Fahrerlaubnisinhaber. Das Gutachten wird von den Betroffenen selbst in Auftrag gegeben. Wenn die Zweifel der Fahrerlaubnisbehörde durch aktuelle medizinische und psychologische Befunde (in der Regel Hinweise auf stabile Verhaltens- und Einstellungsänderungen) ausgeräumt werden können, ist die Prognose günstig. Bei einer ungünstigen Prognose wird stets auch eine Empfehlung für das weitere Vorgehen gegeben.

Grundsätzlich geht der Gesetzgeber davon aus, dass jeder Mensch ohne gravierende Behinderungen zum Führen eines Kfz geeignet ist. Festgehalten ist dies in § 2 Absatz 4 Straßenverkehrsgesetz (StVG): “Geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat.” Bestehen für die Fahrerlaubnisbehörde Zweifel an der Eignung eines Fahrerlaubnisbewerbers, so kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Klärung des Sachverhaltes eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) anordnen. Bei der MPU wird ein Gutachten erstellt. Die Fahrerlaubnisbehörde entscheiden auf der Basis dieses Gutachtens, ob die untersuchte Person zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist.

Der Begriff „Fahreignung“ ist nicht mit charakterlicher Eignung gleichzusetzen. Er umfasst als unbestimmter Rechtsbegriff vielmehr die körperliche Eignung, die geistige Eignung (z. B. Reaktionsfähigkeit) und Persönlichkeitsmerkmale wie z. B. die Zuverlässigkeit.

Schon zu Beginn der Sperrfrist sollten Betroffene an den kostenlos und unverbindlich angebotenen Informationsveranstaltungen der MPU-Stellen teilnehmen oder Beratung in Anspruch nehmen, um die Sperrfrist sinnvoll zur Wiederherstellung ihrer Fahreignung zu nutzen. Dabei werden der Ablauf und die Hintergründe der Untersuchung erläutert. Die Erfolgskriterien werden konkret benannt, ebenso werden Fragen der Vertraulichkeit und Schweigepflicht gegenüber Dritten (wie zum Beispiel den Mitarbeitern der Fahrerlaubnisbehörde, Angehörigen oder Anwälten) angesprochen.

Neue Bestrebungen gehen dahin, in bestimmten Fällen (z. B. einmalige Trunkenheitsfahrt mit niedriger Promillezahl) frühzeitig in der Sperrfrist verkehrspsychologische Beratung und Therapie anzubieten, um eine Abkürzung der Dauer der Sperrfrist zu erreichen.

Grundlagen für die Durchführung:

Die MPU wird von der Fahrerlaubnisbehörde nur dann angeordnet, wenn erhebliche Zweifel an der Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeuges bestehen.

Die wichtigsten Untersuchungsanlässe sind (in der Reihenfolge der Häufigkeit):

Alkohol: Ein Kraftfahrer ist mehrfach mit Alkohol im Straßenverkehr aufgefallen, oder einmal mit einer Promillezahl von 1,6 Promille oder mehr (dieser Wert gilt auch für Trunkenheitsfahrten mit dem Fahrrad). Verkehrsauffälligkeiten unter Alkoholeinfluss stellen mehr als 60% aller Begutachtungsfälle (Quelle: BASt, 2004), daher auch die Bezeichnung „Alkohol-TÜV“.
Drogen: Ein Kraftfahrer ist unter Drogeneinfluss im Straßenverkehr aufgefallen oder der Fahrerlaubnisbehörde liegen Hinweise darauf vor, dass ein Kraftfahrer Drogenkonsument ist.
Verkehrsrechtliche Auffälligkeiten: Mehr als 18 Punkte beim Verkehrszentralregister in Flensburg.
Strafrechtliche Auffälligkeiten: Der Kraftfahrer ist strafrechtlich mehrfach in Erscheinung getreten oder mit Straftaten aufgefallen, die auf eine besonders hohe Aggressivität oder geringe Impulskontrolle schließen lassen.

Weitere Untersuchungsanlässe können z. B. die vorzeitige Erteilung einer Fahrerlaubnis oder körperliche/psychische Erkrankungen/Behinderungen sein.

Das Fahreignungsgutachten stellt keine verbindliche Entscheidung über den Führerschein, sondern eine Empfehlung an die Fahrerlaubnisbehörde dar. Aus fachlicher Sicht handelt es sich um eine Prognose über die zukünftige Verkehrsbewährung des Auftraggebers. Die Entscheidung über das weitere Vorgehen liegt bei der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde. Sie überprüft vor einer rechtskräftigen Entscheidung über die Neuerteilung des Führerscheins, ob das Gutachten widerspruchsfrei und nachvollziehbar ist, also den festgelegten formalen und inhaltlichen Standards genügt. Gutachten, die den Standards im Einzelfall nicht entsprechen oder bei denen begründete Zweifel an der Objektivität bestehen, müssen von der Fahrerlaubnisbehörde nicht akzeptiert werden.

Von Seiten der Verkehrsjuristen wird argumentiert, die Anordnung der Fahrerlaubnisbehörde zu einer MPU müsse selbst ´justiziabel´, also auf dem Rechtsweg überprüfbar sein, da es nicht selten zu fehlerhaften Entscheidungen der Behörde bei der Anordnung eine MPU komme, zu Lasten der Betroffenen. Dies sei auch aus verfassungsrechtlicher Sicht geboten, da es sich bei der MPU um einen erheblichen Eingriff in Persönlichkeitsrechte handele. Der Gesetzgeber bewertet die MPU hingegen als eine vorbereitende Handlung im Rahmen einer Verwaltungsentscheidung, vergleichbar mit anderen, z.B. ärztlichen, Gutachten und sah somit bislang keine Veranlassung, die Anordnung selbst auf dem Rechtswege überprüfbar zu machen. Welche Auswirkungen eine in diesem Punkt geänderte Gesetzeslage auf die Verwaltungspraxis und die Akzeptanz der MPU in der Bevölkerung hätte, ist umstritten.

Die MPU besteht aus folgenden Untersuchungen:

Im medizinischen Teil wird auf verkehrsrechtlich relevante Erkrankungen sowie Alkohol- oder Drogenmissbrauch bzw. -abhängigkeit geprüft. Dazu führt der Arzt ein Gespräch über die medizinische Vorgeschichte, eine körperliche Untersuchung sowie ggf. labormedizinische Verfahren (z. B. Blutabnahme, Urin-Drogenscreening) durch.

Im psychologischen Gespräch geht es um Einsicht in das frühere Fehlverhalten, die persönlichen Ursachen dafür, Konsequenzen für das aktuelle Verhalten und Vorsätze und Verhalten für die Zukunft, die eine erneute Verkehrsauffälligkeit zuverlässig verhindern. Dabei muss das zukünftig geplante Verhalten in der Regel seit mindestens sechs Monaten stabil gelebt werden. Das Gespräch muss für das Gutachten aufgezeichnet werden (dies erfolgt häufig am Computer). Untersuchungsstellen sollten dem Kunden die Möglichkeit bieten, die Aufzeichnungen gegenzulesen, um Missverständnisse zu vermeiden.
Der Ablauf der MPU hängt von der Fragestellung ab, die die Fahrerlaubnisbehörde beurteilen lassen will. In der Regel besteht die MPU aus einer medizinischen Untersuchung und einem psychologischen Test. In der medizinischen Untersuchung wird abgeklärt, ob körperliche Einschränkungen zur Fahruntauglichkeit führen. Wurde die MPU aufgrund von Alkoholdelikten oder wegen Drogenmißbrauch angeordnet, so werden Blut- oder Urinproben in einem Labor untersucht. Damit kann festgestellt werden, ob immer noch zuviel Alkohol getrunken oder weiterhin Drogen genommen werden. Um die medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) zu bestehen und ein positives Gutachten zu erhalten, ist eine gezielte Vorbereitung unumgänglich. Unmittelbar nachdem Sie von der Fahrerlaubnisbehörde Auskunft über Anlass und Fragestellung Ihrer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) erhalten haben, sollten Sie deshalb sachlich kompetente Informationen über Ablauf, Inhalt und Umfang der medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) einholen. Nur so können die Voraussetzungen für ein positives Abschneiden geschaffen werden.

In dem psychologischen Test werden die Lebensumstände des Führerscheinbewerbers untersucht. Es soll festgestellt werden, wie es dazu kam, dass eine MPU angeordnet werden mußte und ob der Fahrerlaubnisbewerber die erforderlichen Maßnahmen ergriffen und sein Verhalten so geändert hat, dass das Risiko eines zukünftigen Fehlverhaltens erheblich reduziert bzw . ausgeschlossen wird.
Bei einem standardisierten Reaktionstest am Computer werden körperliche Leistungen (Reaktionsfähigkeit, Konzentration, Aufmerksamkeit) getestet.

Das Ergebnis der MPU wird in vielen Fällen bereits am Untersuchungstag – unter Vorbehalt – mitgeteilt. Viele Untersuchungsstellen bieten zusätzlich Beratungsgespräche und kostenlose Informationsabende an, um die Betroffenen aus erster Hand zu informieren.

Bestehensquoten

Die häufig zitierte Aussage, dass 60% aller untersuchten Personen bei der ersten MPU „durchfallen“, ist unzutreffend.

Nach Mitteilung der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) führte die MPU im Jahr 2004 bei 62,6 % aller Untersuchungen zur Erteilung der Fahrerlaubnis. Der Anteil der “positiven” Gutachten lag bei 46,4 % aller MPU-Teilnehmer, weitere 16,2 % erhielten ihren Führerschein nach einem zusätzlichen Nachschulungskurs zurück.

Eine qualifizierte Vorbereitung kann wesentlich dazu beitragen, Ängste abzubauen und durch bessere Kenntnis der Anforderungen die Voraussetzungen für eine günstige Fahreignungsprognose zu verbessern. Dies wird durch die erhöhte Zahl positiver Begutachtungen bei Zweitversuchen nachdrücklich belegt. Die Qualität der Vorbereitung ist jedoch nicht einheitlich. Es sollte deshalb sorgfältig geprüft werden, welche Form der Vorbereitung seriös und zielführend ist (siehe unten: Hinweise zum Verbraucherschutz).

Berichterstattung in den Medien

Die MPU wurde in der Boulevardpresse und an Stammtischen unter der Bezeichnung „Idiotentest“ bekannt, weil sie im Verkehrsrecht der 1970er-Jahre immer dann gefordert wurde, wenn ein Fahrerlaubnisbewerber zum dritten Mal die Prüfung nicht bestanden hatte (so genannte Prüfungsversager). Diese verwaltungsrechtliche Regelung wurde jedoch etwa zeitgleich mit der Theorie der „Unfallpersönlichkeit“ (so genannte „Konflikt-Unfäller“ und „Affekt-Unfäller“ mit ausgeprägter Veranlagung zu Unfällen) abgeschafft, da ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem tatsächlichen Unfallgeschehen statistisch nicht nachweisbar war. Da die Unfallzahlen mit zunehmender Motorisierung in Deutschland stark anstiegen (absoluter Höhepunkt 1973: ca. 20.000 Getötete im Straßenverkehr), verschob sich der Schwerpunkt der Untersuchungen auf die Hauptrisikofaktoren im Straßenverkehr: Alkohol, Drogen und andere Verkehrsauffälligkeiten wie überhöhte Geschwindigkeit.

Journalisten tragen auch heute noch zur Verbreitung des Begriffes „Idiotentest“ bei, indem sie Nachrichten über prominente Betroffene oder spektakuläre Ereignisse unter dem Deckmantel der Information in den Medien platzieren. In der Regel handelt es sich um Boulevardblätter, für die political correctness und Seriosität keine hohe Wertigkeit haben.

Meinungsbildend mit negativer Tendenz sind auch die so genannten „MPU-Foren“ im Internet, in denen Betroffene ihre persönlichen Probleme und Erfahrungen öffentlich darlegen und stark subjektiv gefärbte Informationen austauschen. Hinweise auf fachliche Beratung durch Verkehrspsychologen fehlen meist.

Mit dem Meinungswandel beim Thema Führerscheintourismus zeichnet sich eine Trendumkehr ab. Neuerdings wird häufig der Begriff „Alkohol-TÜV“ verwendet. Die MPU wird auch von den deutschen Autofahrerverbänden zunehmend positiv bewertet, da sie ungeeignete Kraftfahrer aus dem Straßenverkehr fernhält und damit wesentlich zum hohen Verkehrssicherheitsstandard in Deutschland beiträgt. Vgl. [1].

Kritik am sog. Idiotentest MPU

Manche Leute werfen dem Testverfahren eine gewisse Willkür vor: Die gestellten Fragen seien indiskret und würden das gesamte Privatleben ausleuchten. Die MPU erfolgt jedoch strikt anlassbezogen und erhebt nur diejenigen Untersuchungsbefunde, die zur Beantwortung der behördlichen Fragestellung notwendig sind.

Über den Ablauf einer MPU kursieren zahllose unzutreffende Geschichten und Erzählungen, insbesondere über unlösbare Aufgaben oder absichtliche „Fallen“ während der Gespräche. Einige der häufigsten Falschmeldungen:

“Kugeltest”: Angeblich muss der MPU-Kandidat versuchen, zwei Kugeln aufeinander zu stellen (was physikalisch unmöglich ist), und fällt durch, sobald er die Kugeln auch nur berührt. Einen solchen „Test“ hat es bei der MPU nie gegeben, er ist frei erfunden.
Persönlichkeitsfragebogen oder Aggressionsfragebogen: Angeblich muss ein MPU-Kandidat einen dieser Fragebögen ausfüllen, anhand dessen das Ergebnis der Untersuchung bereits vorab festgelegt wird. Derartige Fragebögen existierten lediglich während einer kurzen Versuchsphase in den 1970er-Jahren und wurden bald wieder abgeschafft. Es gibt bei einer MPU zwar kurze Fragebögen, die sich auf die persönliche Lebenssituation beziehen (Beruf, biografische Angaben) oder auf die Verkehrsvorgeschichte und eventuelle Erkrankungen eingehen. Sie dienen aber vor allem als Leitfaden für das Gespräch, und die schriftlichen Angaben werden vor der Übernahme in das Gutachten noch einmal ausdrücklich besprochen.
Auch existiert entgegen allen Gerüchten kein fester Fragenkatalog, den ein Gutachter abfragt. Jeder Antragsteller wird individuell nach seiner Problematik auf selbstkritische Einsichtsfähigkeit, Glaubwürdigkeit und – je nach der Fragestellung der Fahrerlaubnisbehörde – auf seine Konsumgewohnheiten oder die Stabilität einer begonnenen Verhaltensänderung hin überprüft.

Derartige Gerüchte förderten die Verbreitung des Begriffs “Idiotentest” im Volksmund wesentlich.

Weitere Beispiele:

Die Beurteilung ist das reine Glücksspiel: Die Begutachtungsstellen für Fahreignung sind an bundesweit einheitliche Beurteilungsmaßstäbe gebunden, die veröffentlicht und von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BAST) verbindlich vorgeschrieben sind (siehe unten). Diese Qualitätssicherung trägt wesentlich dazu bei, dass die Begutachtung einheitlich und vergleichbar erfolgt.

Man darf bloß nicht die Wahrheit sagen: Zuverlässige Angaben sind für eine günstige Prognose notwendig (sog. ‘Null-Hypothese’). Mangelnde Glaubwürdigkeit muss im Gutachten dargestellt werden und kann nicht zu einem günstigen Gutachtenergebnis führen.

Man hat eh keine Chance durchzukommen: Gutachter müssen neutral und objektiv beurteilen und sich an wissenschaftlichen Erkenntnissen und den gültigen Beurteilungsleitsätzen orientieren. Erforderlich ist aber die Mitwirkung des Betroffenen: Er muss die Ursachen der Verkehrsauffälligkeiten und die gezogenen Konsequenzen benennen und bei Bedarf objektive Nachweise (Leberwerte, Screenings) beibringen.
Auch jahrelange unauffällige Fahrpraxis zählt nicht: Tests sind objektive und zeitökonomische Verfahren, um die aktuelle Leistungsfähigkeit zu belegen. Sie werden ausführlich erklärt und beginnen erst nach einer Übungsphase. Bei Bedarf kann aber auch durch eine Beobachtung des Fahrverhaltens (´praktischer Fahrtest´) festgestellt werden, ob der Betreffende festgestellte Leistungsdefizte, z.B. im Bereich der Reaktionsschnelligkeit, durch langjährige Erfahrung im Verkehr ausgleichen kann.

(aus Wikipedia)

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Verkehrsübungsgelände / Schilder